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Geschafft: Keine neuen Steuern auf Weiterbildungen

Nun hat die Bundesregierung über die geplante Gesetzesänderung der Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsdienstleistungen beraten und aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen zum Regierungsentwurf auf die Neuregelung verzichtet. Damit können die Initiativen der Weiterbildung einen guten Erfolg verzeichnen. Engagement lohnt sich also!
Der Gesetzesentwurf sah vor, die Umsatzsteuerbefreiung für nicht-berufliche Weiterbildungsangebote jenseits von Schule und Hochschule zu kippen. Das ist vom Tisch!

Durch die Besteuerung wären Träger der Weiterbildung gezwungen gewesen, die Preise für viele Kursangebote drastisch zu erhöhen. Die Verbände der öffentlich geförderten Weiterbildung protestierten seit Anfang September dagegen, eine Petition auf der Online-Petitionsplattform WeAct wurde gestartet, die Landesarbeitsgemeinschaft für eine andere Weiterbildung NRW (LAAW), zu der auch das WILA Bildungszentrum gehört, hatte sich dem Protest angeschlossen.

Die Geschichte, Stand Oktober:

Konkret befürchten die Verbände, dass die vorgeschlagene Gesetzesänderung den Zugang zu Weiterbildungen erschweren wird. Denn die höheren Preise dürften gerade für bildungsbenachteiligte und einkommensschwache Gruppen eine weitere Barriere darstellen. Dies steht nach Ansicht der Verbände den bildungspolitischen Absichten des Bundes entgegen. Die gemeinsame Stellungnahme vom Deutschen Volkshochschul-Verband e.V. (DVV), ARBEIT UND LEBEN (DGB/vhs) e.V., der Deutschen Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung e.V. (DEAE), der Katholischen Erwachsenenbildung Deutschland - Bundesarbeitsgemeinschaft e.V. (KEB Deutschland), dem Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e.V. (AdB) und dem Verband der Bildungszentren im ländlichen Raum e.V. sagt dazu:

„Neue steuerliche Belastungen für die Weiterbildung widersprechen allen bildungspolitischen Absichtserklärungen der Bundesregierung, die Chancengerechtigkeit in Deutschland durch ein offenes, allen Bevölkerungsgruppen zugängliches System des lebensbegleitenden Lernens zu verbessern. Sie konterkarieren ebenso die Zielsetzungen der EU, die den Zugang zu den nationalen Bildungssystemen nicht steuerlich beschränken will.“ (Stellungnahme der öffentlich verantworteten Weiterbildung zur geplanten Neuregelung der Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen)

Außerdem sehen die Verbände die Gefahr, dass ganze Bevölkerungsgruppen (z. B. Menschen mit geringem Einkommen, Senior/innen, Menschen mit Behinderungen) durch die Reform steuerlich diskriminiert werden und dass dadurch ganze Programmbereiche der öffentlichen Weiterbildung in Frage gestellt werden.

„Gerade in Zeiten wachsender Skepsis gegenüber der Demokratie, von Vorbehalten gegenüber dem Rechtsstaat, von wachsenden Komplexitäten und der neuen Rolle der sozialen Medien für den öffentlichen Meinungsbildungsprozess benötigt Deutschland leichte Bildungszugänge und keine neuen Bildungsbarrieren.“ (Stellungnahme S. 2 Mitte)

Die komplette Stellungnahme finden Sie hier: Stellungnahme der öffentlich verantworteten Weiterbildung zur geplanten Neuregelung der Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen

Protest auch von Seiten der Bundesländer

Auch der Bundesrat hat sich bereits am 22. September in einer Stellungnahme eindeutig gegen die Steuerpläne positioniert. Damit ist das Thema aber noch nicht vom Tisch. Eine erneute Anhörung im Bundestag findet am Montag, 14.10.19 statt. Die endgültige Beschlussfassung dort ist für Ende Oktober vorgesehen. Deshalb soll nun mit der Petition auch öffentlich dem Protest gegen die geplante Reform des § 4 Nr. 22 UStG eine Ausdrucksmöglichkeit verliehen werden. Geplant ist, die Petition mit den Namen der Unterzeichnenden kurz vor der Anhörung des Finanzausschusses an die Obleute der Fraktionen zu übergeben.

Was beinhaltet die vorgeschlagene Gesetzesänderung?

Es handelt sich um den vom Bundeskabinett am 31. Juli beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften. Der Entwurf der Bundesregierung sieht eine Zusammenfassung der zentralen Vorschriften zur Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsdienstleistungen in einer neuen Norm (§ 4 Nr. 21a UStG) und eine Streichung des § 4 Nr. 22 UStG vor. Dies hat im Wesentlichen zur Folge, dass Befreiungen von der Umsatzsteuer nur noch bei Weiterbildungen an Schulen, Hochschulen und zur beruflichen Bildung greifen. Bisher sind alle Veranstaltungen „wissenschaftlicher oder belehrender Art“ im Allgemeinen umsatzsteuerbefreit, wenn deren Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden (s. bisheriger Wortlaut § 4 Nr. 22 UStG). Die Bundesregierung begründet die Gesetzesänderung damit, dass EU-rechtliche Vorgaben sowie die Rechtsprechung von EuGH und BFH eine solche Anpassung erforderten.

Die Verbände widersprechen in ihrer Stellungnahme dieser Einschätzung nach Dringlichkeit der Reform jedoch: „Es bleibt unklar, aus welchen Gründen die Regierung die Bundesregierung auf die jahrzehntelang bewährte gesetzliche Formulierung („Kurse wissenschaftlicher und belehrender Art“) verzichten will. Aus öffentlich zugänglichen Quellen lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass seitens der EU eine Aufforderung an die Bundesregierung ergangen ist, das Gesetz zu ändern.“ 

Weitere Informationen:

Umsatzsteuergesetz im bisherigen Wortlaut

Presseinformation des Landes Rheinland-Pfalz zum Gesetzesentwurf