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Expedition Grönland

Von den Wikingern Nachhaltigkeit lernen? Das geht! Das von Erasmus+ geförderte Projekt „Expedition Grönland“ stellt es unter Beweis. In dem länderübergreifenden Projekt zeigen der Wissenschaftsladen Bonn und seine Partner Schülerinnen und Schülern, welche Parallelen es zwischen der heutigen Umwelt- und Lebenssituation und der der Wikinger gibt.

Wer das Wort „Wikinger“ hört, denkt wohl zuerst an Krieger, die mit ihren Schiffen auf blutige Beutezüge gegangen sind. Doch man kann von den Wikingern auch etwas Positives lernen – und zwar Nachhaltigkeit, denn in erster Linie waren sie Landwirte, Handwerker, Händler und Forscher. Sie mussten sich an die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen und an ökonomische Veränderungen anpassen.

Eine kleine Gruppe der Wikinger siedelten sich im zehnten Jahrhundert nach Christus auf Grönland an. 500 Jahre später waren die Siedlungen verlassen. Man weiß heute noch nicht genau, warum dies geschah. Einer der Gründe dafür war vermutlich der Klimawandel: Durch die einsetzende mittelalterliche Kälteperiode hatten die Wikinger nicht genügend Nahrung. Als weiteres Problem werden Veränderungen in den Handelsbeziehungen diskutiert: Afrikanisches Elfenbein verdrängte zum Beispiel das Walroß-Elfenbein aus Grönland, das gegen Metall und Bauholz getauscht wurde. Auch Konflikte mit den Inuit könnten dazu beigetragen haben, dass die Wikinger Grönland den Rücken kehren mussten.

Nachhaltigkeit heute

Diese Aspekte, die das Leben der Wikinger beeinflussten, erinnern an die heutige Umwelt- und Lebenssituation: Auf Grund des Klimawandels ist eine steigende Zahl an Klimaflüchtlingen zu erwarten, die ihre Heimat aufgeben müssen, weil sie in ihrem Land wegen Überflutung oder Dürre nicht mehr leben können. Auch steht die Menschheit vor der Herausforderung, einen schonungsvolleren Umgang mit den natürlichen Ressourcen zu üben. Wie damals die Wikinger müssen wir uns auch heute den veränderten Klima- und Handelsbedingungen anpassen und mit den verfügbaren Ressourcen schonend umgehen sowie Alternativen entwickeln. Soziale Konflikte zwischen Nationen und Volksgruppen – wie damals Wikinger und Inuit – sind auch heute aktuelle Themen: Kriegs- und Armutsflüchtlinge bringen Länder an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser ist vielerorts kritisch.

Diese Zusammenhänge sollen sich Schüler/innen der Mittelstufe in Deutschland, Österreich, Dänemark und Großbritannien in Workshops erarbeiten. Hierfür hat das Projektteam einen Materialkoffer entwickelt: Schulen und außerschulische Einrichtungen können sich den Koffer „Expedition Grönland“, nach dem Testen durch das Projektteam, ausleihen. Die Kisten enthalten nachgebaute Artefakte aus der Wikinger-Zeit, Bildmaterialien, ein Simulationsspiel und aktuelle Zeitungsartikel. Mithilfe der Materialien und einer Reihe aufeinander aufbauender Aufgaben sollen sich die Schüler/innen selbstständig an das Thema Nachhaltigkeit herantasten und motiviert werden, eigene Fragen zu entwickeln und zu stellen. Von den Lehrkräften werden sie angeleitet, sich mit den Lebens- und Klimabedingungen der Wikinger und den heutigen Grönländern zu beschäftigen. Am Beispiel Grönlands sollen die Jugendlichen erkennen, wie klimatische und wirtschaftliche Veränderungen die Lebensbedingungen von Menschen in der Geschichte beeinflusst haben und in der Gegenwart beeinflussen. In einem darauf aufbauenden Übungsblock lernen sie verschiedene lokale und globale Anpassungsstrategien an die wirtschaftlichen und klimatischen Veränderungen kennen. Dies soll ihnen zeigen, dass es viele Möglichkeiten gibt, auf den Klimawandel zu reagieren.

Die Jugendlichen befassen sich z. B. mit den Auswirkungen der Polareisschmelze auf dem weit entfernten Inselstaat Tuvalu. In die Rolle von verschiedenen Einwohnern Tuvalus versetzt, werden sie nach der Methode „heißer Stuhl“ anderen Schülern erklären, wie sie vom Klimawandel, und hier konkret vom steigenden Meeresspiegel, betroffen sind und was sie dagegen tun. In einer weiteren Arbeitseinheit entwickeln sie Theaterszenen, die den Effekt von Klimawandel und Globalisierung auf ihre nähere Umgebung Ausdruck verleihen.

Schließlich sollen sie sich mit der Frage beschäftigen, wie die Veränderungen auf Grönland sie in ihrer Heimat betreffen und wie sie andererseits das Leben auf Grönland beeinflussen. Damit sollen noch einmal die globalen Vernetzungen verdeutlicht werden. Umsetzung finden diese Aspekte u. a. über ein Rollenspiel und mit Hilfe der Methode „World Café“. Im Rollenspiel repräsentieren die Schüler/innen verschiedene Forschungsinstitutionen, die über eine Strategie zur nachhaltigen Entwicklung von Grönland diskutieren. Im World Café beschäftigen sie sich mit den Hauptexportprodukten aus Grönland: Fisch und Meeresfrüchte. Sie werden die Herkunft von Fisch anhand der Verkaufsverpackungen erforschen und über Nachhaltigkeitsaspekte wie Fangquoten, Fangmethoden und Rückverfolgbarkeit diskutieren und Fragen stellen. Eine davon könnte lauten: Welchen Fisch aus Grönland finden wir in unseren Läden?

Förderung von Kompetenzen

Das Projekt setzt auf selbsterkundendes Lernen anstelle von Frontalunterricht. Ähnlich wie bei einer Expedition die Forscher/innen Neuland betreten und Funde machen, sollen die Schüler/innen die Welt der Wikinger entdecken, wie sie wann und wo gelebt hatten und wie sich ihr kulturelles Leben gestaltete. Wie sieht es bei den heutigen Grönländern aus, was ist anders als bei uns in Dänemark, England, Deutschland und Österreich? Über den kulturellen, räumlichen und zeitlichen Hintergrund sollen die Jugendlichen die Veränderungen durch den Klimawandel und die damit verbundenen ökonomischen Reaktionen verstehen lernen. Ihnen sollen die Auswirkungen des Klimawandels und die entscheidende Rolle Grönlands durch die zunehmende Eisschmelze bewusst werden. Sie sollen einen Einblick in die heutigen Herausforderungen Grönlands und die verschiedenen Wahlmöglichkeiten der grönländischen Gesellschaft vermittelt bekommen und verstehen, dass nachhaltige Entwicklung ein dynamischer Prozess ist, der Anpassungen bedarf und der durch politische Entscheidungen und Bürgerinitiativen gesteuert werden kann.

Durch die Möglichkeit, Teile des Workshops draußen stattfinden zu lassen, kann eine Abenteueratmosphäre geschaffen werden. Die Schüler/innen erhalten beispielsweise die Aufgabe, in kooperativen Abenteuerspielen versteckte Artefakte der Wikinger zu finden. Hierdurch und durch die verschiedenen eingesetzten Methoden zur Lösung von Aufgaben wird auch die Teamfähigkeit gefördert. Daneben sollen durch den Workshop weitere Schlüsselkompetenzen vermittelt werden, wie das wissenschaftliche Verständnis oder die Fremdsprachenfähigkeiten, zum Beispiel durch englischsprachige Zeitungsartikel. Außerdem stärkt der Workshop das interdisziplinäre Denken. Er kann beispielsweise in die Fächer Geographie, Geschichte/Politik und Sozialkunde eingebunden werden.

Der Inhalt des Textes gibt allein die Meinung des Verfassers wieder.

 Förderer

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Erasmus + Leitaktion 2: strategische Partnerschaften, gefördert von der Europäischen Union