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Schimmel machte Kinder in Grundschule Oedekoven krank

Wissenschaftsladen Bonn stellt Auswertung medizinischer Fragebögen vor. Als „extrem gesundheitsgefährdend“ stufte der Gutachter Anfang des Jahres die Schimmelbelastung ein, der die Kinder der Grundschule Alfter-Oedekoven in manchen Klassenräumen über Jahre ausgesetzt waren. Mit einem medizinischen Fragebogen, den knapp 200 Eltern für ihre Kinder ausfüllten, wurden die gesundheitlichen Belastungen erfasst. „Die Ergebnisse sprechen für sich“, sagt Antje Lembach, Expertin für Baubiologie beim Wissenschaftsladen Bonn. Lembach: „Vom Ausmaß der Krankheitssymptome der Kinder kann man – ohne das Gutachterergebnis zu kennen - sofort darauf rückschließen, welche Klassen stark von Schimmel befallen waren.“ Die Fragebögen seien auf Grund der relativ hohen Rücklaufquote belastbar, so die Expertin. So lasse sich zwar nicht im Einzelfall nachweisen, dass jedes entsprechende Krankheitsbild in der Schule durch Schimmel verursacht sei. Doch die statistische Häufung sei so deutlich, dass sie Aussagen pro Klasse ermögliche.

1. Kinder aus stark von Schimmel betroffenen Klassen deutlich häufiger krank als andere

Ante Lembach: „Die Kinder in den von Schimmel stark betroffenen Klassen haben weit stärkere körperliche Reaktionen gezeigt als ihre gleichaltrigen Mitschüler/innen aus den Parallelklassen.“ . In den betroffenen ehemaligen Klassen 4a und 4b litten zum Beispiel laut Fragebogenergebnis doppelt so viele Kinder unter häufigen Konzentrationsschwächen wie in der unbelasteten Klasse 4c.

6 bzw. 7 Kinder hatten in der 4a und 4b Kopfschmerzen (täglich bis mehrmals im Monat), nur 2 in der 4c. 8 bzw. 11 Personen der Klassen 4a und 4b, so die Baubiologin, zeigten eine Vielzahl von Symptomen, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen als typische Folge von Schimmelbelastung gelten. Die am schwersten betroffene Person hatte u.a. zwei Lungenentzündungen, häufig grippeartige Symptome oder Husten, ohne tatsächlich an Grippe erkrankt zu sein.

Ein ähnliches Bild, so Lembach, ergebe der Vergleich der ehemaligen 3. Klassen: So kreuzten die Eltern der stark mit Schimmel belasteten Klasse 3b genau 30 Mal Krankheiten bzw. Symptome an, die stark und ungewohnt oft auftraten wie z.B: Husten, Schnupfen, grippeartige Symptome, Bauchschmerzen, Durchfall. Zum Vergleich: In den Klassen 3a (8 Mal), 3c (13) und 3d (3) stellten die Eltern dies weit seltener fest. Eine Reihe von Eltern der 3b gaben in den Fragebogen an, dass Kopfschmerzen und andere Symptome erst auftauchten, nachdem die Klasse im zweiten Schuljahr in den belasteten Klassenraum gezogen war.

>> Grafiken zum Klassenvergleich: Bitte hier klicken!
 
2. Auch Kinder aus „nicht betroffenen“ Klassenräumen gesundheitlich beeinträchtigt

Die Ergebnisse, so Lembach, wiesen darauf hin, dass auch Kinder gesundheitlich belastet wurden, die nicht in den betroffenen Klassen unterrichtet wurden. Dies erkläre sich dadurch, dass sich Schimmelsporen in Gebäuden verteilen. So hatte sich bei einem Kind aus der ersten Klasse, das gegen Schimmel allergisch ist und bereits vor der Einschulung allergisches Asthma hatte, der nächtliche Husten seit der Einschulung so verstärkt, dass es nachts häufig inhalieren musste.

Stärker von Schimmel betroffen als andere Räume erschien nach den Ergebnissen der Fragebögen der Klassenraum der ehemaligen 2a (Raum 2), der unmittelbar über dem stark betroffenen Klassenraum der ehemaligen 3b (Raum 5) liegt. Dort zeigten die Kinder zwar deutlich weniger Symptome als in den stark betroffenen Klassen, deutlich mehr aber als in den meisten anderen unbelasteten Räumen. Der Gutachter hatte im Raum der 2a bei einer so genannten Hohlraumprobe eine starke Pilzbelastung festgestellt, die Raumluftmessung ergab aber unbedenkliche Werte.

3. Kinder nach Verlassen der Grundschule Oedekoven gesünder

Antje Lembach: „Einen deutlichen Hinweis auf die gesundheitliche Belastung der Kinder durch Schimmel geben die zwölf Fragebögen zu Kindern, die die Schule bereits im Vorjahr oder noch früher verlassen haben.“ Bei fast allen besserten sich Krankheitssymptome deutlich, nachdem sie auf die weiterführende Schule wechselten. Die Antworten der Eltern ergaben: Ein Kind, das unter der Lungenerkrankung Mukoviszidose leidet, ist seit dem Schulwechsel „deutlich weniger krank“. Ein anderes Kind, das zwei Jahre in der Schimmel belasteten Mehrzweckhalle unter stärker werdendem Asthma, Schnupfen und Hautempfindlichkeit litt, hatte nach dem Schulwechsel keinerlei Beschwerden mehr. Ein drittes Kind, das in der Mehrzweckhalle dauernden wässrigen Schnupfen, Allergien sowie Kopfschmerzen hatte, hatte „deutlich weniger“ Beschwerden.

4. Krankheiten verschwinden nicht immer mit der Schimnmelbelastung

Doch Krankheiten verschwänden nicht automatisch, wenn Menschen die belastete Umgebung verlassen, sagt die Baubiologin. Bei manchen Kindern etwa könne das Immunsystem auf längere Sicht geschwächt sein. Wer durch die starke Schimmelbelastung Asthma bekommen, werde es oft, wiedas Beispiel eines Schulabgängers zeigt, nicht mehr los. Lembach: „Dies kann sogar dazu führen, dass die Sensibilität für weitere Allergien wächst.“

Fazit der Auswertung:

Die Schimmelbelastung, die der Gutachter Frank Mehlis als „extrem gesundheitsgefährdend“ einstufte, hat bei den Kindern der stark betroffenen Klassenräume zu deutlich erkennbaren kurzfristigen Krankheitssymptomen geführt (vgl. auch Grafik S. 3). Ob bzw. wie stark längerfristige Schädigungen auftreten, lässt sich nicht absehen.

Ansprechpartnerin:
Antje Lembach
Tel. (02 28) 201 61-30
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Hintergrund: Schimmel und seine möglichen gesundheitlichen Folgen
Welche Folgen kann Schimmel haben? Nicht richtig krank, aber doch auch nicht richtig fit - so fühlen sich relativ häufig Kinder und Erwachsene, die sich länger bzw. häufig in einem mit Schimmel belasteten Raum aufhalten. Sie haben durch den Schimmel laut Umweltbundesamt und Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg z.B.:

    eine erhöhte Infektanfälligkeit
    eine juckende oder häufig laufende Nase
    einen brennenden Hals oder Husten, ohne erkältet zu sein
    Hautprobleme, wie Ekzeme und Juckreiz
    Bauchschmerzen und Verdauungsbeschwerden
    unerklärliche Kopf- und Gliederschmerzen
    Konzentrationsstörungen, eine unerklärliche Müdigkeit bzw. Erschöpfung

Doch Schimmel erhöht nachgewiesenermaßen auch das Risiko, dauerhaft und schwerer zu erkranken. Zu diesen schwereren Erkrankungen zählen insbesondere allergische Reaktionen, die u.a. zu Asthma führen können. Das Risiko, an Asthma zu erkranken, ist bei Kindern, die sich regelmäßig und länger in schimmelbelasteten Räumen aufhalten, zwei- bis dreimal höher (Deutsches Ärzteblatt 2007). Schädigung des Körpers durch so genannte Mykotoxine, die durch Schimmelpilze gebildet werden. Mykotoxine können Immunsystem schwächend, krebserregend und Erbgut schädigend sein. Die genauen Auswirkungen von Mykotoxinen in Innenräumen sind noch nicht ausreichend erforscht (Umweltbundesamt 2002).